Biathlon ist der beliebteste Fernseh-Wintersport in Deutschland - bis zu sechs Millionen Menschen schauen pro Rennen zu. Auch wir fiebern regelmäßig mit, wenn Laura Dahlmeier, Simon Schempp und Co. auf die Strecke gehen. Aber heute tauschen wir die Couch gegen die Langlaufskier und die Chipstüte gegen das Gewehr und versuchen uns bei einem Schnupperkurs selbst einmal in dieser Sportart.
Möglich ist dies in der Biathlon Arena Lenzerheide, die nur wenige Kilometer außerhalb des Orts Lenzerheide in Graubünden liegt. Bevor es losgehen kann, brauchen wir erst einmal das nötige Equipment. Das gibt es im Activ Sport Shop, wo wir mit passenden Schuhen, Ski und Stöcken ausgestattet werden. Im Flur vor dem Sport Shop wartet übrigens direkt ein Motivationsschub auf uns: Auf einer großen Tafel haben die Biathlonstars unterschrieben, die hier regelmäßig zum Training zu Gast sind: Neben der Lokalmatadorin Selina Gasparin können wir auch die Autogramme von Dorothea Wierer und Lukas Hofer entziffern.
Ausgestattet mit unserem Material gehen wir vom Funktionsgebäude zum Schießstand der Arena. Dort wartet schon Franco auf uns, der uns in den nächsten beiden Stunden in die Geheimnisse von Langlauf und Schießen einweihen wird. Da wir zuvor noch nie auf Langlaufskiern standen, bekommen wir erst einmal einen kleinen Skatingkurs von Franco verpasst - wer zum öffentlichen Schnupperkurs in der Biathlon Arena kommt, der im Winter zwei Mal pro Woche angeboten wird, sollte so viel Langlaufkenntnis mitbringen, dass er die 400 m lange Stadionrunde schafft.
Zuallererst erklärt uns Franco erstmal die Basics über das Gewehr: Wir schießen heute mit einer Standardwaffe der Firma Anschütz - übrigens nutzen geschätzt 95% der Athleten im Weltcup Gewehre dieser deutschen Firma! Während bei den Profis der Holzschaft der Waffe genau auf die jeweilige Körpergröße abgestimmt ist, müssen wir uns mit der vorhandenen Länge arrangieren - eine gute Ausrede, falls es mit dem Treffen nicht so klappt! Das Gewehr ist 3,8 kg schwer und muss nach jedem Schuss mechanisch geladen werden. Da es in einem Biathlon-Wettkampf maximal vier Schießeinlagen gibt, hat die Waffe vier Löcher, in denen jeweils ein Magazin mit fünf Schuss eingesetzt werden kann. Außerdem hat man am Gewehr noch Platz für einzelne Patronen zum Nachladen.
Franco zeigt uns dann die optimale Position beim Liegendschießen: “Rechte Hand an den Pistolengriff, die Aluschaftkappe in die Schulter drücken, mit der linken Hand ein V bilden und damit die Waffe halten!” Was zuerst relativ einfach aussieht, ist dann doch gar nicht so leicht nachzumachen. Vor allem, da man zwischen den Schüssen immer wieder nachladen muss. Die Profis machen das natürlich ohne aus dem Anschlag zu gehen - wir müssen immer erst mal wieder schauen und nachdenken, was jetzt als nächstes zu tun ist...
Nachdem wir nun einigermaßen verstanden haben, wie so ein Gewehr funktioniert und was wir machen müssen, gibt uns Franco zuletzt noch ein paar Tipps zum Zielen: Er empfiehlt, beim Zielen beide Augen offen zu halten und erklärt auch noch, dass der Diopter an der Waffe keine optische Vergrößerung hat, er hilft nur beim Zielen. Denn in seinem Inneren befindet sich ein Ringkorn und wenn dort genau in der Mitte der schwarze Punkt der Scheiben zu sehen ist, sollte man abdrücken. Außerdem muss man beim Schießen darauf achten, dass der Lauf gerade ist und man direkt hinter der Waffe liegt, sonst kann es auch zu Fehlschüssen kommen.
Und dann geht es richtig los: Jeder von uns darf sich an einen Schießstand legen, wo bereits ein Gewehr auf einem kleinen Holzbock aufgebaut ist - eine kleine Hilfe für uns Schießneulinge, so fällt das Zielen leichter. Wie Franco es uns gezeigt hat, führen wir durch Repetieren eine Patrone vom Magazin in die Waffe ein und … trauen uns erstmal eine Weile gar nicht zu schießen! Zu sehr wackelt das Ziel in 50 m Entfernung und zu groß ist der Ehrgeiz, ja nicht beim ersten Schuss vorbei zu schießen. Schließlich geht das doch bestimmt noch ein bisschen besser, das Ziel ist noch nicht 100 % in der Mitte … Irgendwann fassen wir uns dann doch ein Herz und drücken ab - zum Glück ein Treffer! Insgesamt schießen wir zehn Mal mit Hilfe des Holzbocks auf die Scheiben - übrigens auf das Stehendziel, das viel größer ist als das eigentliche Liegendziel. Aber Franco will es uns zu Beginn einfacher machen. Und das gelingt uns auch ganz gut: 9 von 10 Treffer können wir landen.
Dann wird es schwieriger: Jetzt wird auf die Liegendziele geschossen. Diese sind ungefähr so groß wie das Innere einer Klopapierrolle, während das Stehendziel so groß ist wie eine volle Klopapierrolle. Schon sinkt unsere Schießleistung ab: Nur noch zwei von fünf Schüssen finden ihren Weg ins Ziel.
Doch das war noch nicht die schwierigste Stufe, denn nun nimmt uns Franco den Holzbock weg und wir müssen “richtig” in den Anschlag gehen. Also: Gewehr ordentlich in die Schulter pressen, damit es nicht so wackelt und den Lauf auf den gespreizten Fingern ablegen. Der Unterschied ist deutlich zu merken - ganz schön schwierig, so in Ruhe zu zielen! Zum Glück zieht Franco noch mal die größeren Stehendziele auf und so gelingen uns immerhin vier von fünf Treffern.
Nun kommt die Königsdisziplin: Wir kommen zum Stehendschießen. Dazu stellt man sich seitlich zu den Schießscheiben, schiebt die Hüfte nach vorne und stützt den Ellbogen des angewinkelten Arms auf dem Hüftknochen auf. Darauf legt sich dann der Lauf des Gewehrs ab, während man mit der anderen Hand den Griff hält, schießt und repetiert. Franco erklärt uns, dass man beim Stehendschießen “aus der Bewegung” schießt und sich am besten wie bei einer Wellenbewegung über die fünf Ziele von oben nach unten voran arbeitet. Das ist leichter gesagt als getan! Wir sind schon froh, wenn wir überhaupt etwas Schwarzes durch das Ringkorn erkennen, gefühlt wackeln wir wie ein Kuhschwanz! Und so ist es auch kein Wunder, dass wir nicht sehr erfolgreich sind: Nur einer von fünf Schuss trifft.
Nachdem wir jetzt in den zwei Teildisziplinen des Biathlons erste Erfahrungen gesammelt haben, wollen wir nun beides zusammenführen und unser eigenes, kleines Biathlon-Rennen veranstalten. Da wir die richtige Runde noch nicht schaffen, veranstalten wir einen Mini-Mini-Sprint: Zunächst geht es eine kurze Skating-Runde einmal um den Schießstand herum, dann wird liegend geschossen. Dank fünf Treffern dürfen wir direkt wieder auf die Strecke! Wieder zurück am Schießstand heißt es dann Stehendschießen - das ist mit höherem Puls und schnellerem Atem sogar noch schwieriger.
Überraschenderweise treffen wir dann trotzdem immerhin mit einen von fünf Schüssen und so müssen wir “nur” vier Mal in die Strafrunde - ein kleiner Kreis, den Franco mit Hütchen markiert hat, bevor es dann auf die letzte Runde und ins Ziel geht. Es kann wohl kaum verwundern, dass Franco bei unserem Mini-Rennen mit deutlichem Abstand gewinnt - Spaß hat es trotzdem riesig gemacht!
Von Januar bis März kann man zwei Mal in der Woche am Schnupperbiathlon in der Arena teilnehmen. Die Termine sind immer dienstags von 14 bis 16 Uhr und samstags von 10 bis 12 Uhr. Die Teilnahmegebühr beträgt 70 CHF, Treffpunkt ist am Nordic House. Wer mitmachen möchte, muss sich bis spätestens 17 Uhr am Vortag anmelden.
Außerdem werden Schnupperkurse für Kinder im Alter von zehn bis 15 Jahren angeboten, die mit Luftgewehren auf Scheiben in 10 m Entfernung schießen, die Teilnahme kostet 20 CHF.