Skifahren, Snowboarden und Tourengehen - Wintersport abseits der Piste ist sehr beliebt. Hinter dem schneeweißen Vergnügen verbergen sich allerdings viele Gefahren, die oftmals unterschätzt werden. Vor allem mit Lawinen muss außerhalb des gesicherten Skiraums jederzeit gerechnet werden. Jährlich verunglücken zahlreiche Wintersportler aufgrund von Lawinen.
Von Lawinen spricht man, wenn sich große Mengen der Schneedecke lösen. Die meisten Schneedecken bestehen aus mehreren Schichten, die sich während verschiedenen Niederschlagszeiträumen aufbauen. Jede dieser Schichten besitzt unterschiedliche Eigenschaften durch die meteorologischen Einflüsse während ihrer Entstehung. Einige Schichten wurden zum Beispiel bei kalten Temperaturen und durch Pulverschnee gebildet, andere sind porös durch starke Winderosion. Umso unterschiedlicher die Eigenschaften der Schichten sind, desto instabiler ist der Schneedeckenaufbau. Besonders die oberste Schneedecke verändert dabei ihren Charakter durch Sonneneinfluss oder Temperaturänderungen.
Bei unterschiedlichen Eigenschaften zweier Schichten bildet sich zeitweise eine Schwachschicht aus, bei der die Verbindung zwischen den Schichten nicht stark genug ist. Bei Überlastung reißt die Verbindung zu den unteren Schichten ab und es entsteht ein Riss zwischen der Schwachschicht und den anderen Schneeniveaus. Durch einen Dominoeffekt beginnt sich der Riss hangparallel auszubreiten, bis das Gewicht der abgelösten Schicht zu groß wird und diese sich hangabwärts bewegt. Durch die Vibration beim Lawinenabgang wird die restliche Schneedecke ebenfalls instabil und die Schneemenge der Lawine kann sich vergrößern. Die Auslöser für eine Überlastung sind unterschiedlich und werden unterteilt in natürliche und externe Auslöser.
Natürliche Auslöser sind nur bei 10 % aller Lawinen die Ursache für einen Lawinenabgang. Ein natürlicher Auslöser ist unter anderem Neuschnee. Die Gefahr liegt hier im schnellen Anhäufen der Schneemasse in einem kurzen Zeitraum. Oft nur locker auf der Oberfläche angelagert, besteht das Risiko eines plötzlichen Abrutschens. Besonders überhängende Schneebretter sind hier Ursachen.
Schneeverwehungen mit sogenannten Triebschnee treten bei starkem bis stürmischem Wind auf. Die verwehten Schneemassen lagern sich vorwiegend an windgeschützten Hanglagen als Triebschneedecke ab. Lose und ungebunden auf der alten Schneeschicht auflagernd, besteht die Gefahr eines abrupten Lawinenabgangs in Form eines gefährlichen Schneebretts.
Die Temperaturen sind ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Lawinenentstehung. Durch Erwärmung der oberen Schneemassen verringert sich die Schneefestigkeit. Die Folgen sind ein Abschmelzen der oberen Schicht und das Abrutschen der Schneemasse. Gerade im Frühling mit intensiver Sonneneinstrahlung besteht erhöhtes Lawinenrisiko. Je nach Wetterlage kann ein starker Temperaturanstieg und ein Übergang des Niederschlags von Schnee zu Regen das Gewicht des Schnees erhöhen und beispielsweise Nassschneelawinen hervorrufen.
Das Gelände spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei Lawinen. Besonders an Hangprofilen mit einer Neigung ab 30 Grad ist das Risiko für Lawinen sehr hoch. Unsicher gelten auch vegetationsarme Hänge, hier können die Schneemassen ungehindert mit großer Geschwindigkeit den Berg hinunterstürzen.
Wechselwirkungen verschiedener Faktoren begünstigen die Entstehung von Lawinen
Rund 90 Prozent der Lawinen werden durch externe Belastungen, meist durch Tier oder Mensch, ausgelöst. Bereits geringe Beschwerung bewirken bei einer Schwachschicht das Auslösen einer Lawine. An gefährdeten Hängen werden oftmals kontrollierte Sprengungen vorgenommen, um präventiv eine Lawine auszulösen.
So breit das Spektrum an Lawinenauslösern ist, so zahlreich sind auch die verschiedenen Lawinenarten. Lawinen werden in fünf Typen eingeteilt: Staublawine, Schneebrettlawine, Lockerschneelawine, Gleitschneelawine und Nassschneelawine. Lawinen können hohe Geschwindigkeiten erreichen. Bei Staublawinen werden regelmäßig bis zu 300 km/h gemessen, die anderen Lawinenarten sind hingegen etwas langsamer, aber nicht minder gefährlich.
Meist bei starken Neuschnee tritt diese Art von Lawinen auf. Ähnlich eines Wirbelsturms entsteht beim Abgang des Schneebretts durch die Mischung aus Luft und Schnee eine enorme Druckwelle. Bei Staublawinen besteht erhöhte Erstickungsgefahr. Der aufgewirbelte trockene Schnee vermischt sich mit der Luft zu einem gefährlichen Aerosol-Gemisch, welches durch extremen Druck in die Atemwege gepresst wird und sich in den Lungen ablagert. Staublawinen sind mit ihrer rasanten Geschwindigkeit auch für einen gegenüberliegenden Hang gefährlich, da sie ähnlich einer Wasserwelle an dieser Seite aufschlagen können. Sie treten nur selten auf, haben aber in der Regel die größte Ausdehnung und können dadurch ganze Dörfer zerstören wie bei der dramatischen Lawinenkatastrophe von Galtür im Jahr 1999.
Meistens werden Schneebrettlawinen durch Belastungen von Tier oder Mensch ausgelöst. Diese Art von Lawinen ist durch einen linienförmigen Abriss in der oberen Schneedecke, die quer zum Hang liegt, gekennzeichnet. Für den Betroffenen besonders gefährlich ist die Tatsache, dass der Abriss des Schneebretts oberhalb der "Störungsstelle" liegt. Der auslösende Faktor wie zum Beispiel Skifahrer wird somit direkt von der Lawinen erfasst und meist vollständig verschüttet.
Diese Art beginnt punktförmig und nimmt im Verlauf an Breite und Gewicht zu. Voraussetzung für eine solche Lawine ist ungebundender Schnee, der sich leicht von der untersten Schneeschicht ablöst. Außerdem ist meist eine Geländeneigung von mindestens 40 Grad erforderlich. Die auslösende Person wird bei dieser Lawinenart meist nicht mitgerissen, weil diese am Auslösepunkt nur wenig Kraft besitzt und unter dem Wintersportler abgeht. Trotzdem ist sie nicht zu unterschätzen, da sie besonders für einen Partner, der sich hangabwärts befindet, eine große Gefahr darstellt. Somit ist sie immerhin für 10 % aller Lawinenopfer zuständig
Gleitschneelawinen haben einen linienförmigen Anriss wie bei der Schneebrettlawine. Dabei rutscht die gesamte Schneedecke ab und nicht nur ein einzelnes Schneebrett. Dafür muss der Untergrund glatt sein wie bei Wiesen oder abgeschliffenen Felsplatten. Besonders in schneereichen Wintern führen diese Lawinen an Südhängen zu spontanen Abgängen und bedrohen oftmals Verkehrswege. Die Auslöser sind in der Regel natürlich, sodass diese Lawinenart für Wintersportler nur selten eine Gefährdung darstellt. Dieser Lawinentyp tritt vor allem bei folgenden zwei Szenarien auf:
Oftmals hinterlässt diese Lawinenart an der Abrutschstelle einen komplett schneelosen Hang.
Nassschneelawinen können durch verschiedene andere Lawinenarten wie Schneebrettabgänge oder Lockerschneelawinen hervorgerufen werden. Bei Nassschneelawinen herrschen in der Regel Plusgrade und es regnet ergiebig. So sammelt sich flüssiges Wasser in der Schneedecke, wodurch sich die obere Schneedecke stark verändert. Dadurch ist der Charakter der verschiedenen Schichten sehr unterschiedlich und instabil. Da diese Instabilität meist großflächig ist, können durch einen Auslöser sehr große Lawinen entstehen.
Wie gehen Skigebiete mit der Lawinengefahr um? Wir haben uns beim Pistenteam in Arosa Lenzerheide umgesehen.